Zoll-Jahresbilanz 2023

BDZ sieht den Zoll nur bedingt einsatzbereit

Am Flughafen Frankfurt am Main stellt Bundesfinanzminister Christian Lindner zusammen mit der Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, am morgigen 03.05.2024 die bundesweite Jahresbilanz 2023 des Zolls vor. Zugleich zeichnet sich ab, dass die Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung zum Bundeshaushalt 2025 zu einer erneuten Zerreißprobe der Ampelkoalition werden. Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ warnt, auch gegenüber den Medien, vor den desaströsen Folgen des Sparkurses für die Aufgabenerledigung beim Zoll.

02. Mai 2024

Beim angekündigten Besuch am Zollamt Frankfurt am Main Flughafen möchte sich Bundesfinanzminister Lindner ein eigenes Bild davon machen, wie Zöllnerinnen und Zöllner arbeiten, beispielsweise vom Entladen einer Frachtsendung aus einem Flugzeug, der digitalisierte Abfertigung im IT-System ATLAS oder der Warenbeschau. Für den Anschluss ist die Vorstellung der Jahresstatistik für das zurückliegende Jahr 2023 angekündigt. 

Dienstbetrieb ist gefährdert

Der Bundesvorsitzende des BDZ, Thomas Liebel, richtet anlässlich dieser Veranstaltung klare Worte an die Politik:

„Der Dienstbetrieb beim Zoll ist akut gefährdet. Dabei haben wir riesige Herausforderungen: Massenhaft Pakete mit Billigware von Online-Anbietern aus Fernost, Kokainschwemme an den Seehäfen, volkswirtschaftliche Milliardenschäden durch Geldwäsche und Schwarzarbeit. Aktuell sind wir nur bedingt einsatzbereit. Denn erforderliche Investitionen und Modernisierungen werden zurückgestellt, nur um den Laden am Laufen zu halten.“

Allein für den Hamburger Hafen schätzt der BDZ die aufgegriffene Kokainmenge für das zurückliegende Jahr erneut auf einen Rekordwert von über 20 Tonnen. Genaue Statistiken werden das Bundesministerium der Finanzen und die Generalzolldirektion in Kürze vorlegen. Dabei ist bereits heute klar: Die Abfertigungs- und Kontrollbeamten sowie die Fahnder des Zolls sind in vielen Bereichen massiv unterfinanziert. Den Ermittlern fehlt die notwendige Ausrüstung und Spezialtechnik, um organisierte Drogenbanden zu bekämpfen und mafiöse Strukturen im Bereich illegaler Beschäftigung aufzudecken. Denn Gelder für investive Vorhaben werden zurzeit genutzt, um den laufenden Geschäftsbetrieb zu finanzieren oder Ersatzbeschaffungen vorzunehmen. Auch die Anschaffung neuer Software der Zollämter für die Erhebung von Abgaben und die Prüfung von Steueranmeldungen fällt hinten runter. Insgesamt sind im aktuellen Jahr mit rund 150 Mio. € ungefähr 40 Prozent der IT-Ausgaben für den Zoll gekürzt worden.

Warenkontrolle im E-Commerce-Zeitalter erfordert Investitionen in den Zoll

Infolge des boomenden Online-Shoppings hat sich die Anzahl der Zollabfertigungen binnen weniger Jahre verdoppelt und erreichte für das Jahr 2022 den Höchststand von 149,3 Mio. Einfuhren. Rund 20 Prozent davon entfielen nur auf die Paketsendungen des E-Commerce. Da neuesten Medienberichten zufolge von den chinesischen Online-Anbietern Temu und Shein Deutschland täglich 400.000 Pakete erreichen, ist von einem weiter steigenden Anteil auszugehen. Viele Pakete enthalten gefälschte Markenware oder entsprechen nicht europäischen Sicherheitsstandards, beispielsweise der CE-Kennzeichnung. Die Zollgewerkschaft BDZ fordert deshalb ein vollautomatisiertes System der digitalen Zollabfertigung, das die Warenprüfung und Risikoanalyse erleichtert und auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) arbeiten kann.

„Aktuell wird der europäische Markt mit Waren überschwemmt, die nicht unseren Produktstandards entsprechen und die Verbraucher gefährden. Für die eigentliche Warenprüfung ist kaum noch Personal vorhanden. Wir bräuchten mindestens 1.200 zusätzliche Zöllnerinnen und Zöllner, um bei dem gestiegenen Paketvolumen hinterherzukommen“, fordert der BDZ-Vorsitzende Liebel. „Und wenn wir schon nicht mehr Personal kriegen, braucht es wenigstens eine digitale Gesamtlösung, von der auch die Händler und Paketdienstleister profitieren würden.“

Global vernetzte Paket- und Kurierdienstleister müssen dem deutschen Zoll weiterhin viele Daten ausgedruckt zur Verfügung stellen, da die elektronische Zollanmeldung nicht alle relevanten Informationen erfasst und Schnittstellen fehlen. Auch sind übermittelte Daten oft unvollständig und nicht mit den Datenbanken anderer Behörden verknüpft. Aus Sicht des BDZ muss gerade angesichts der personellen Engpässe die Fortentwicklung der IT-Fachverfahren des Zolls deutlich schneller vorangetrieben werden. Denn mit Klemmbrett und Papierakten werden wir die Herausforderungen des E-Commerce-Zeitalters nicht bewältigen.

Breites Presseecho zur Kritik des BDZ

Nachtrag 03.05.24: Die Ausstattungsdefizite beim Zoll wurden unter Berufung auf den BDZ von verschiedenen Medien aufgegriffen. So berichtet die WELT am Bespiel einer Liegenschaft über den maroden Gebäudezustand an vielen Zolldienststellen und führt darüber hinaus auf, welche Investitionen in Ausrüstung, Technik und IT hinten runterfallen. Auch weitere Presseorgane griffen die Berichterstattung auf: MSN, wallstreet ONLINE, hasepostOldenburger Onlinezeitung.

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